Farbige Dunkelheiten
Ioan Iacob in der fiftyfifty-Galerie
Im Alter von 16 Jahren hatte Ioan Iacob ein Schlüsselerlebnis. Der junge Gymnasiast beschäftigte sich im damals kommunistischen Rumänien ausgiebig mit der Literatur. Beinahe jeden Tag verbrachte er deshalb einige Zeit in einer Buchhandlung seiner Geburtsstadt Medias. Eines Tages entdeckte er einen Bildband des Malers William Turner, dem wohl bedeutendsten englischen Künstler der Romantik. Er schlug das Buch in der Mitte auf und war geradezu magisch angezogen von einer Panorama-Landschaft. Doch leider fehlte ihm das Geld, diesen Band zu kaufen. Er bettelte bei Freunden und Bekannten und hatte schließlich die Summe zusammen. Der nur kurze Nachhauseweg von der Buchhandlung dauerte diesmal eine gefühlte Ewigkeit. In das Buch versunken schlenderte Ioan Iacob gemächlich zu seinem Elternhaus, und als er ankam wusste er mit absoluter Bestimmtheit: „Ich bin Maler.“ Ich bin. Nicht: Ich werde. Er hatte zwar kein Papier, keine Stifte, keine Farben und auch keine Ahnung. Doch von dem Moment an war er Maler. Nun ist er 70 und bis heute tatsächlich niemals etwas anderes gewesen, als ein Maler. Ein besessener dazu. Von früh bis spät arbeitet er in seinem Atelier in Düsseldorf, derzeit an über 60 Bildern gleichzeitig.
Nachdem der Vater, ein Siebenbürger Sachse, Ende der 1970er Jahre aus Rumänien nach Deutschland geflohen war, folgte die Familie irgendwann nach und Ioan Iacob bewarb sich an der Düsseldorfer Kunstakademie. Der Ruf dieser Kaderschmiede war auch im abgeschotteten Ceaușescu-Staat, wo der „Sohn eines Verräters“ wegen „mangelnder Begabung“ keine Kunsthochschule besuchen durfte, legendär. Und tatsächlich: Der junge Aussiedler ergatterte als einer von 34 Angenommenen unter über 1.200 Berwerber*innen einen der begehrten Plätze. Er wurde Student, Meisterschüler und schließlich Assistent des berühmten Gotthard Graubner. Ioan Iacob über diese Entscheidung: „Ich wollte zu keinem anderen Professor. Bei Graubner war ich genau richtig.“