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Imi Knoebel (lieferbar) - Biographie

Wer ist Imi Knoebel?

Was hat es mit den `Betonis´ auf sich?

Warum hängen sie in der fiftyfifty-Galerie?

Knoebel, nicht mit dem Vornamen Imi, sondern als Klaus Wolf in Dessau 1940 zur Welt gekommen, studiert zunächst von 1962-64 an der Werkkunstschule in Darmstadt Gebrauchsgraphik. Zusammen mit seinem Freund Rainer Giese wechselt er von dort in die Beuys Klasse der Staatlichen Kunstakademie hier in Düsseldorf. Knoebel und Giese nehmen beide den Vornamen `Imi´ an, und bilden als Duo `Imi + Imi´ eine künstlerische Distanz zu den übrigen Studenten ( diese setzen sich mehr mit dem Gegenständlichen und Figurativen auseinander).

`Imi+ Imi´ teilen die Begeisterung für den russischen Künstler Malewitsch, der das Quadrat zur elementaren und neutralen Grundform erklärt. Sein Buch „Suprematismus- Die gegenstandslose Welt“, übt großen Einfluss auf beide aus, der sich äußerlich in Kahlrasur und langen Mänteln zeigt. Malewitschs Rückführung auf das Grundprinzip der Beziehung zwischen Figur und Grund, inspiriert Knoebel, sich mit dem Verhältnis zwischen Figur und Grund im Raum zu beschäftigen. Das heißt, ein realer Raum kann als Bildträger fungieren, in den das `Bild´ platziert werden kann.

`Imi + Imi´ drängen auf ein eigenes Atelier und bekommen vom Meister den `Raum 19´ der Kunstakademie zugewiesen. Dort entsteht 1968 die erste umfangreiche Installation:

180 gestapelte und geschichtete Objekte, - Kuben, Würfel, Keilrahmen-, sollen den Charakter perfekt verarbeiteter Platten und Leisten herausstellen.

„Diese erste Installation (...) markiert den Zeitpunkt als der Künstler ein autonomes Konzept für sein Schaffen entwickelt hatte.“ (Anette Kruszynski, K20)

Im gleichen Jahr wird die erste Ausstellung in Kopenhagen eingerichtet. Ein `Raum im Raum´, konstruiert aus rohen Dachlatten, die Flächen mit Packpapier bespannt. Das riesige Volumen der Installation, sie füllte (fast) den gesamten Raum, stand im krassen Gegensatz zur Feinheit des Papiers: der sogenannte `Papierraum´ war geschaffen.

Nach dem frühen Tod Rainer Gieses behält Knoebel den Vornamen `Imi´ bei.

Sein Renomee wächst schnell über die Grenzen Deutschlands hinaus. Seine auf Form und Ästhetik des Werkstoffes reduzierte Kunst, bekommt darüber hinaus gegen Mitte/Ende der 70er Jahre durch die Verwendung offensiverer Farben eine zusätzliche Dimension. Im `Genter Raum´, benannt nach dem Ort seiner ersten Installation, offenbart sich dies, denn dieser wird als „großes Farb- und Formereignis im Raum“ gefeiert.

Imi Knoebels Werke sind in allen bedeutenden Museen auf vier Kontinenten zu finden. Die hohe Wertschätzung seines OEuvres manifestiert sich in der Tatsache, dass ihm im März diesen Jahres die Ehrendoktorwürde der Friedrich-Schiller-Universität Jena verliehen wurde. Es erübrigt sich fast zu erwähnen, dass der in Düsseldorf lebende und arbeitende Künstler einen der vorderen Plätze in der `CAPITAL- Weltrangliste´ einnimmt- z. Zt. ist es Platz 60, die Tendenz steigt.

Kennzeichnend für seinen Duktus als Kunstschaffender sind Präzision, Klarheit und Ästhetik —und, da geben sie mir sicher Recht:

wenn sie die Betonis anschauen, werden sie diese Attribute sofort wiederentdecken.

Die Unikate sind, wahrscheinlich haben sie es bereits in der Einladung gelesen, von Imi Knoebel monochrom durchgefärbt. Der Beton wurde während seiner Metamorphose von der zähen Masse zum Kunstobjekt, auf der Rückseite vom Künstler mit dem Finger signiert (`Imi´) und datiert (`90´). (Also nur echt mit diesem Zeichen- Imi und 90!!!).

Die wandgebundenen Exponate erscheinen trotz der Schwere des Werkstoffes in gewisser Weise `gewichtslos´.

Durch die Reduktion auf geometrische Grundmotive, auf schlichte Materialästhetik und auf monochrome Farbwahl, präsentieren sich uns die `Betonis´ als `ästhetische Schwebeteilchen´ auf der Wand. So locker installiert, suggerieren sie uns die Leichtigkeit von Kettengliedern, die wie an einer imaginären Schnur fein aufgereiht zu sein scheinen. Mit dieser Erkenntnis zeigt sich auch der liebevoll- phantasievolle Objekttitel `Betoni´ in einem anderen Licht. Nicht mehr ironisierend oder unpassend, stattdessen unterstreicht er die die Ästhetik der Arbeiten, und nimmt ihnen die Strenge und Klobigkeit, die wir mit dem eigentlichen Baustoff verbinden.

Noch eine sehr wichtige Bemerkung:

die präzise Arbeitsweise des Kunstschaffenden zeigt sich auch in der von ihm gut durchdachten Hängung. Im Klartext heißt das: es kann zu Hause keinen Streit darüber geben, wo `oben´ und `unten´ ist, denn ein von ihm eingearbeitetes Stahlseil gibt die Richtung vor!

Im Gegensatz zu seinem Lehrer Joseph Beuys, der sich bei seinen Aktionen mit der politischen Realität auseinandersetzte, und vom Künstler gesellschaftliche Verantwortung forderte, behält sich Knoebel das soziale Engagement vor. Beispielhaft sei hier der 1989 entwickelte `Kinderstern´ zugunsten der Kinderkrebshilfe erwähnt. (Seine Werke selbst nehmen keine Stellung zu sozialen Problemen, ich glaube nur einmal in `Radio Beirut´, 1982).

Damit möchte ich den Bogen wieder zum heutigen Tag und zum `fiftyfifty- Betoni Nachmittag´ spannen, denn auch hier zeigt sich das soziale Anliegen Imi Knoebels, der für die Obdachlosenhilfe `fiftyfifty´ seine `Betonis´ zur Verfügung gestellt hat.

Ich wünsche ihnen viel Freude beim Betrachten (und Kaufen!!) und erlöse sie mit einem Zitat:

„Als Künstler der Postmoderne hat sich Knoebel die Kunst des 20. Jahrhunderts verfügbar gemacht, um mit dem erworbenen Repertoire wie ein Komponist bekannte Positionen mit Neuem zu arrangieren.“ ( Anette Kruszynski, K20)

Hildegard Becker

"DAS FREIE BILD LIEGT NOCH VOR MIR"

Imi Knoebel ist einer der großen deutschen Künstler der Gegenwart. Seine Arbeiten erzielen Höchstpreise auf dem internationalen Kunstmarkt. Radikal lehnt er jegliche Form der Darstellung in seinem Werk ab. Nicht persönlicher Ausdruck, noch eigener "Stil", vielmehr die Konsequenz seiner Haltung zeichnen Knoebels Schaffen über Jahre hinweg aus. Symptomatisch für die Kunst unseres Jahrhunderts bewegt sich sein Werk am Rande von Begrifflichkeiten. Für fiftyfifty stiftete der Meister monochromer Flächen 40 Siebdruck-Unikate mit dem Titel "Ghost-Dog", deren Phosphorfarbe sich in der Dunkelheit in helles Licht verwandelt.

Seine Titel?

"Linienbild", "Raum 19", "4-teilig", "Keilrahmen", "Schwarzes Kreuz", "Schwarzes Doppelkreuz", ... (60er Jahre); "Mennigebilder", "24 grüne Siebenecke", "Rot Gelb Blau", ... (70er Jahre); "Chemnitz", "Kattowitz", "Grüne Erde gebrannt", "Schwarzes Quadrat auf Buffet", "Habe und Ehre", "Afrika II", ... (80er Jahre), "Blue Suede Shoes", "Circe", "Diana", "Snowflakes and Sunshine", "Elisabeth", "Marleen", "Madeleine", "Maria" ....

Wie arbeitet er?

In Knoebels Atelier wird das Auge von einem farbigen Mikrokosmos gefangen genommen: einer unzählbaren Summe von Farb-"Rändern". Säntliche Farben wirken sämig, satt, auf die haptische Qualität hin konzipiert, nicht auf immatrielle Leuchtkraft. Es gibt keine Übergänge, keine Transparenz und kein Ineinanderfließen von Farben. In der geöffneten Schublade eines Zeichenschranks liegen bemalte Papierbögen bereit, blockweise geschichtet und nach Farbtönen sortiert. Die Bögen werden zu den "Rändern" geschnitten, der "Farbwerkstatt" häufen. An zwei Wänden reihen sich Farbstreifen der Paletten von Liquitex, Aquatec, Schmincke und Lascaux. "Das Gelb von Aquatec gleicht eben nicht dem von Schmincke", erklärt Knoebel.

Was sind seine Lieblingsfarben?

Rosa gehört zu Knoebels Lieblingsfarben. Rosa ist in seinen Augen "anrüchig, unklar, babyhaft, keiner will eine rosa Farbe im Zimmer." Knoebel erinnert sich, dass Lucio Fontana in seinen "eiförmigen" Bildern hin und wieder "ein richtig kitschiges Rosa" verwendet hat. An weitere Beispiele für Rosa kann er sich nicht erinnern, nur, dass Barnett Newman sich einmal bis zu Türkis vorwagte. Diese Bilder gefallen ihm.

Auf Werktischen in einem der anderen Räume der "Farbwerkstatt" kombiniert Knoebel großformatige Farb-"Ränder" mit den Farben Gelb, Rot und Blau zu quadratischen Liniengeflechten. Unser Gespräch kommt auf das Bild von Piet Mondrian "New York City II" (1942/44). Es hängt in der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf und stellt den Entwurf eines Bildes aus farbigen Klebestreifen dar, das von Mondrian nicht ausgeführt wurde. Ich frage Knoebel nach Gelb, Rot und Blau, den Farben, die er auch in seinem Multiple "Little Piet" (1993) verwendete. "Wie kann man diese Farben nur Mondrian und Newman überlassen", fragt Knoebel zurück: "das ist ein grundsätzliches Malerthema."

Betrachtet er sich als Maler?

"Schon sehr, im Moment." Doch will Knoebel es auch jetzt nicht für immer so fortsetzen. Er erklärt, dass er sich nie als Maler im eigentlichen Sinne gesehen hat. Malerei als "Berufung", als "Lehre", als "Theorie" verneint Knoebel. Das verbindet er mit "Enge" und "Starrheit", mit einem "Käfig".

Wie sieht er seine künstlerischen Wurzeln?

Im Unterschied zu seinen früheren Malerkollegen wie Blinky Palermo, Jörg Immendorff oder Norbert Tadeusz hatten er und sein enger Studienfreund Imi Giehse als sie 1964 an der Kunstakademie Düsseldorf anfingen keine ausgesprochene Malerschulung hinter sich, erzählt Knoebel: "Wir hatten nicht mit Pinsel und Farbe gelernt, etwas abzubilden." Sie lehnten Malerstile, -kniffe und -tricks radikal ab, weil sie "nichts auf die Leinwand bringen wollten, was noch gar nicht unseres war." Sie mussten ihre "Mittel erst herausfinden" und wollten von vorne beim "Nullpunkt" anfangen. Da schien ihm eine Hartfaserplatte im Format 60(60 cm sehr viel direkter als sämtliche Stilangebote aus der Malereigeschichte. Die Hartfaserplatte gab für ihn "bereits ein fertiges Bild ab." Außerdem konnte er die 60(60 cm bequem unterm Arm tragen. Nicht ohne Vergnügen berichtet Knoebel, dass noch längere Zeit "die Transportfähigkeit in der Straßenbahn" über die Formate der Arbeiten entschieden hatte. Später richtete er sich bei den Maßstäben nach kommerziell angebotenen Standardmaßen für Hartfaserplatten.

Spielt Rock´n´Roll eine Rolle?

"Rock´n´Roll stand mal im Vordergrund", sagt Knoebel gleichzeitig erklärend, dass der mit den Arbeiten "nicht getroffen" ist. Für ihn zählt der "Aufenthalt davor": "den Ort, den man betritt, muss man erst einmal begehen."

Welches Ziel verfolgt er in seinen Arbeiten?

Knoebel möchte das Bild "zur Leichtigkeit bringen". Er verbindet "Freiheit" damit. Die Freiheit ist für ihn das "Schwierigste, wohin man das Bild bringen" kann. Die Arbeit, die dahintersteckt, darf "nicht sichtbar" sein: "die Schönheit liegt ja immer dazwischen" (Lachen). Der Zufall spielt für Knoebel eine wichtige Rolle: "Es kommen ja auch immer Dinge von außen auf dich zu, was du dann mit dem zusammenzubringen hast, was du in der Tiefe schon bearbeitet hast." Und mit "Tiefe" meint Knoebel das "Kennenlernen der Mittel, mit denen man umgeht." Knoebel hasst es deswegen, wenn in Texten über seine Arbeiten die Dinge verwechselt werden, etwa Hartfaserplatten mit Sperrholzplatten.

Wie definiert er ein Bild?

"Alles ist Bild für mich", erklärt Knoebel. "Jedes Teil kann schon das Bild bedeuten." Auch das Objekt ist Bild. Einen qualitativen Unterschied zwischen Objekt und Bild macht er nicht. Im Gespräch kommt Knoebel auf diese Frage zurück und zieht einen Vergleich. Auf den Hinterhofbalkonen bekommt seiner Auffassung nach "jedes Ding seinen Ort ohne dass jemand darauf achtet. Es ist immer gut gewählt, was dort abgestellt wird. Alles hat seine Richtigkeit. Dinge, die man benutzt hat, Dinge, von denen du dich nicht trennst, die eine Geschichte haben, die zerbrochen sind. Es ist das, was nicht in den Wohnraum genommen wird. Vorne riskieren sie so etwas nicht, da ist das meistens clean." Die Farbe ist für Knoebel nichts anderes als ein (Farb-)"Punkt, der für sich steht": ob "ein Blumentopf oder eine Tulpe oder ein Teppich." Gleich ein ganzes Balkonbild zu entwickeln, "wo jedes Ding für sich erobert ist" liegt ihm indes fern. Er konzentriert sich auf die "Strecke".

Wo steht Imi Knoebel heute?

Er sieht sich am Anfang einer neuen Entwicklung, wo er sich dem Experiment Farbe systematisch annähert. Er ist dabei, die ganzen Möglichkeiten der Farbe zu entdecken: "Ich will auf nichts kommen als auf die Farbe. Ich trage die Farben auf, setze die Farben ein und versuche so eine Farbe zu gewinnen. Die Farbe bringe ich in die verschiedenen Zusammenhänge. Erst dann kann sie kommen, die Freiheit." Dahinter steht für Knoebel die Gesamtheit aller Farben: "Alle Farben! Insofern ist das ja kein System", sagt er. "Und da liegen dann die wunderschönsten Bilder, die ich gar nicht meinte."

Postskript

Imi Knoebel, der "schweigende Künstler", gibt kein Interview über seine Kunst. Dies ist, worauf wir uns einigten. Der Bericht folgt Fragen, die ich während meiner Besuche in seinem Atelier stellte.

Dirk Luckow

Tipp

"Genter Raum" von Imi Knoebel

Kunstsammlung NRW, Düsseldorf, Grabbeplatz