Rede von Hubert Ostendorf zur Vernissage am 13.6.2014
Stephan Balkenhol, 1957 in Fritzlar als Sohn eines Lehrers und einer Hausfrau geboren, gilt als wegweisend in der zeitgenössisch figurativen Skulptur und als einer der international renommiertesten Künstler Deutschlands. Er studierte von 1976 bis 1982 an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg bei Ulrich Rückriem, dessen Skulpturen hier etwa den Düsseldorfer bereichern. Seit 1992 ist Stephan Balkenhol Professor an der Akademie der bildenden Künste in Karlsruhe.
Seine Skulpturen, die er mit dem Beitel aus mächtigen Holzstämmen haut und farbig fasst, sind meist anonyme Figuren. Männer und Frauen, aber auch Tiere, die nichts von sich preisgeben, nichts erzählen, nichts repräsentieren. Es sind Einzelfiguren, auch Figurengruppen und als Relief gestaltete, skulpturale Bilder. Insofern können wir heute eine Ausstellung mit der ganzen Palette des typischen Balkenholschen Schaffens zeigen, wenn man davon absieht, dass Groß-Figuren aus Holz verständlicherweise fehlen.
2012 sorgte eine Balkenhol-Skulptur auf dem Turm der Sankt-Elisabeth-Kirche in Kassel für Streit. Die Leiterin der documenta 13, Carolyn Christov-Bakargiev, kritisierte die katholische Kirche für die Aufstellung dieses Kunstwerks im Vorfeld der documenta. „Es stört erheblich. Die künstlerische Leiterin fühlt sich von dieser Figur bedroht, die mit der documenta (13) nichts zu tun hat,“ ließ documenta-Geschäftsführer Bernd Leifeld verlauten. Die Kirche hielt dessen ungeachtet an der Balkenhol-Ausstellung und Installation fest.
Stephan Balkenhol, der den Streit um seine Werke nicht scheut, platziert seine Skulpturen gern an ungewöhnlichen Standorten im öffentlich urbanen Raum. Er konterkariert damit die Tradition des Monuments, indem er nicht Herrscher, Helden oder Denker ehrt, sondern das Durchschnittliche, Banale, Normale und Anonyme zeigt. Seine scheinbar unscheinbaren Gestalten, die keine Emotionen zur Schau stellen, bleiben seltsam abwesend, schwer greifbar, verrätselt und fiktiv. Weder ist ihr Alter konkret schätzbar, noch ist eine benennbare gesellschaftliche Position abzulesen. Im Betrachten der Werke mischt sich Wiedererkennen mit Zweifel, angenehm Vertrautes mit beunruhigend Fremdem. Durch die weitgehende Rücknahme einer psychologisierenden Dimension sind Balkenhols Figuren immer auch ein Spiegel, der die Gefühle, Wünsche und Hoffnungen des Betrachters reflektieren kann. Der Künstler selbst hat einmal gesagt: „Meine Skulpturen erzählen keine Geschichten. In ihnen versteckt sich etwas Geheimnisvolles. Es ist nicht meine Aufgabe, es zu enthüllen, sondern die des Zuschauers, es zu entdecken.“
In diesem Sinne könnte man sogar sagen, die hier ausgestellten Bilder von Stephan Balkenhol, zeigen Figuren jenseits der bürgerlichen Realität. Und ist das nicht auch ein Kennzeichen für das Leben von Menschen auf der Straße.
Wir danken dem Künstler für seine großzügige Unterstützung und unserem Freund Dr. Dabir aus Duisburg, der uns geholfen hat, die Edition für die heutige Ausstellung zu produzieren. Mein besonderer Dank gilt unserer Auszubildenden Alexandra Voskuhl, deren Hartnäckigkeit den Künstler dazu bewogen hat, diese Edition für uns zu stiften.
Die Erlöse aus dem Verkauf der Werke von Stephan Balkenhol kommen einem Wohnprojekt für obdachlose Frauen und deren Kinder zugute, das wir gemeinsam mit der Diakonie Düsseldorf initiieren werden. (Diakoniepfarrer Thorsten Nolting ist heute Abend auch anwesend und steht für Fragen zum Projekt zur Verfügung.)
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.