Jacques Tilly besuchte von 1973 bis 1982 das Comenius-Gymnasium in Düsseldorf. Seit 1984 entwirft und baut er politisch-satirische Wagen für den Düsseldorfer Rosenmontagszug. Von 1985 bis 1994 studierte er an der Universität Essen Kommunikationsdesign. Er ist Mitglied des Beirats der evolutionär-humanistischen Giordano Bruno Stiftung.Jacques Tilly lebt mit seiner Frau, der Filmemacherin Ricarda Hinz, in Düsseldorf-Oberkassel.
Die Karnevalswagen aus der Werkstatt von Jacques Tilly zeichnen sich durch eine besonders bissig-satirische Art aus, die vor allem aktuelle gesellschaftspolitische Entwicklungen thematisieren. Diese Karnevalswagen haben dem Düsseldorfer Rosenmontagszug eine verstärkte bundesweite und internationale Aufmerksamkeit verschafft. Viele seiner Wagen und Entwürfe haben lautstarke Proteste hervorgerufen. Die Chronik der umstrittenen Motivwagen aus Düsseldorf ist lang:
1994 ein nackter Kanzler Kohl: Nachdem ein Bonner CDU-Anwalt mit einstweiliger Verfügung gedroht hatte, musste eine Figur umgebaut werden, die den damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl als nackten Urwaldindianer darstellte.
1996 Kruzifixwagen: Eine bundesweite Protestwelle stoppte den Weiterbau eines politischen Wagens, der die Reaktion bayerischer Politiker auf ein Bundesverfassungsgerichtsurteil aufs Korn nahm.
1997 Busenkrieg: Als auf einem Wagen das vom Kölner Dachverband der Karnevalisten ausgesprochene „Busenverbot“ im Karneval verspottet wurde, kam es zum „Busenkrieg“ zwischen Köln und Düsseldorf.
2000 Stichwahl: Ein Wagen, der die in einer Stichwahl unterlegene Düsseldorfer SPD-Oberbürgermeisterin Marlies Smeets ins Bild setzte, konnte nach Protesten nicht realisiert werden. Seit diesem Vorfall hält Tilly unter Inanspruchnahme der Narrenfreiheit alle politischen Wagen Düsseldorfs bis zum Rosenmontagszug geheim.Stand 2018, manche werden erst in den allerletzten Stunden fertiggestellt.
2005 Kardinal Meisner: Ein Wagen, der Kardinal Meisners Haltung zur Abtreibung satirisch darstellte, rief starke Proteste katholischer Organisationen hervor.
2007 Selbstmordattentäter: Der Zentralrat der Muslime übte heftige Kritik an einem Wagen, der sich über islamistische Selbstmordattentäter lustig machte.
2009 Skinhead Rüttgers: Ein Wagen, auf dem der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Rüttgers als Skinhead auf die Obdachlosenhilfe einschlug, führte direkt zur Rücknahme der Streichung der Obdachlosenhilfe durch die Landesregierung.
2009 Papst-Wagen: Kardinal Meisner kritisierte den Wagen, auf dem Papst Benedikt dem mit „Antisemitismus“ beschrifteten Teufel in der Gestalt von Richard Williamson die Hand schüttelte: „Es ist mir ein Anliegen, dies nicht unwidersprochen zu lassen. Die Darstellung ist nicht nur falsch, sie ist auch verletzend."
2015 Charlie-Hebdo-Wagen: Die Düsseldorfer Karnevalisten ließen, im Gegensatz zu vorsichtigeren anderen Städten, gleich vier Wagen von Jacques Tilly zum islamistischen Terror fahren, um die Narrenfreiheit zu verteidigen. So wurde über den Rosenmontagszug auch in den Fernsehnachrichten von ARD und ZDF besonders als politisches Ereignis und nicht nur als Brauchtum berichtet.
2016 Jarosław-Kaczyński-Wagen, auf dem Kaczyński, in Militäruniform, seinen Fuß auf den Kopf der vor ihm niederknienden Polin stellte. Neben ihm stand dabei ein Radio mit der Beschriftung Radio Maryja.
Neben den politischen Wagen bauen Jacques Tilly und sein Team jährlich Dutzende Prunk- und Werbewagen für Düsseldorf und andere Städte wie Aachen, Krefeld, Hilden, Ratingen. Außerdem entstehen in seiner Werkstatt karnevalistische Bühnendekorationen, unter anderem für die Fernsehsitzung des Düsseldorfer Karnevals.
Das Team um Jacques Tilly übernimmt in der karnevalsfreien Zeit auch Auftragsarbeiten. Mit den Großplastiken, wie zum Weltjugendtag Köln 2005, zum G20-Gipfel in Hamburg 2017 oder zum Brexit, beziehen der Künstler und sein Team immer wieder Stellung zu politischen und weltanschaulichen Fragen.
Filme
2015: Die große Narrenfreiheit. Ein Dokumentarfilm über Jacques Tilly und den Düsseldorfer Karneval
2016: Jacques Tilly - Enfant terrible des Karnevals. Dokumentarfilm von Christoph Simon und Holger Möllenberg.
Eigene Veröffentlichungen
Jacques Tilly: Satire, Kunst und Karneval. Droste Verlag, Düsseldorf 2015, ISBN 978-3-7700-1565-8.
Jacques Tilly, mit einem Vorwort von Jürgen Becker: Despoten. Demagogen. Diktatoren. Alibri Verlag, Aschaffenburg 2018, ISBN 978-3-86569-299-3.
Jacques Tilly: Mehr Wagen. Das Werkstattbuch. Alibri Verlag, Aschaffenburg 2020, ISBN 978-3-86569-313-6.
Literatur
Udo Achten: Jacques Tillys Narrenfreiheit. Klartext-Verlag, Essen 2007, ISBN 978-3-89861-728-4.
Auszeichnungen
2008: Verleihung der Klinzingplakette
2013: Verleihung der Leo-Statz-Plakette
2013: Verleihung des Düsseldorfer des Jahres in der Rubrik Kultur
2016: Verleihung des Jan-Wellem-Rings der Stadt Düsseldorf
2017: Menschenrechtspreis von Amnesty International
2019: Preis für Zivilcourage durch den Heinrich-Heine-Kreis
2019: Preis für bildende Künstler durch die Düsseldorfer Jonges
2020: Verleihung des Rheinlandtalers durch den Landschaftsverband Rheinland
aus: Wikipedia