Zwiebelsuppe statt Social Media
Social Media - das boomt wie verrückt. Und wie immer steht bei Technik die Frage im Raum: Benutzen wir die Technik oder benutzt die Technik uns? Das haben ja schon viele beim Thermomix gemerkt: Kaufst so’n Scheißding und auf einmal kochste nur noch Zwiebelsuppe. Obwohl du gar keine Zwiebelsuppe magst. Bei sozialen Netzen ist es ganz genauso. Die nutzt du, denkst dir nichts dabei, aber irgendwann veränderst du dich, weil du diese Verhaltensweisen von Facebook und Co übernimmst. Auf einmal, im normalen Leben, verhältst du dich wie im Internet, bei Diskussionen. Du willst ja auch gar nicht mehr konstruktiv mit jemandem diskutieren. Man schreit sich ja, so wie auf Facebook, nur noch festgefertigte Standpunkte entgegen. Vielleicht müssen wir weg von der Technik und zurück zur Natur. Ich hab zum Beispiel in der Natur eine Konfliktlösungsmethode im Tierreich gefunden, die auch für uns Menschen funktionieren könnte. Ich geb’ Ihnen nur ein Wort: Bonobos. Weil: Bonobos lösen Konflikte mit Gruppensex. Das wär’ doch was für die nächste Mietervollversammlung, oder? Oder wenn’s im Büro morgens Streit gibt - och, wisster was Leute, wir ziehen uns aus, das vögeln wir weg. Stellen Sie sich mal vor, wie unterhaltsam plötzlich so ne Sendung wie Maybritt Illner wird. Da bekommt Hart aber fair eine ganz neue Bedeutung. Und Anne Will wird zum Aussagesatz. Aber jetzt mal im Ernst: Konstruktive Konfliktlösung ist unrealistisch geworden in Zeiten von Social Media. Und jetzt sagen Sie vielleicht: „Na ja, soziale Netze, was hat denn das mit mir zu tun? Ich mach kein Facebook, ich mach kein Insta.“ Das ist auch hier wieder wie beim Thermomix. Wenn Sie so einen Zwiebelsuppenfanatiker kennen und Sie sind da zu Besuch, dann leidet ja nicht nur der unter seinen Blähungen, sondern Sie auch. Wir müssen dranbleiben an der technischen Entwicklung, damit die uns nicht überrennt.
Plattform TikTok. Ist bekannt? TikTok ist bei zappelnden Jugendlichen heute erfolgreicher als Ritalin. Hat allerdings möglicherweise mehr Nebenwirkungen. Die EU will ja jetzt sogar ein Verfahren gegen TikTok einleiten wegen grober Mängel im Jugendschutz und weil die App Suchtverhalten fördern kann. Ich glaub, die EU ist auf ner ganz heißen Spur. Als nächstes decken die noch auf, dass Hopfen was mit Bier zu tun hat. TikTok und Co ziehen dich nämlich so richtig rein in den Videostrahl. Du guckst zum Beispiel so’n Video von Bibern, die Obst klauen. Und bekommst stundenlang solche Videos angezeigt. Du kommst da nicht mehr raus. Und das ist erschreckend. Weil ja nicht nur Biber auf TikTok sind. Die erfolgreichsten politischen TikToker sind von der AfD. Die feiern auf Social Media noch größere Erfolge als in Sachsen oder Thüringen. Weil plumpe Parolen natürlich perfekt in dieses kurze Format der 90-Sekunden-Videos passen. Und demokratische Parteien haben diese junge Zielgruppe den Faschofluencern überlassen. Über 70 Prozent der Jugendlichen sind auf TikTok. Und wer da jetzt noch sagt: „Och komm, TikTok - das ist doch unwichtig.“ Dann frag ich Sie mal ganz ernsthaft: Würden Sie Björn Höcke als Babysitter buchen?
Tobias Mann
… Kabarettist und Musiker. Vielfach ausgezeichnet: 2 x Deutscher Kleinkunstpreis. Außerdem: Publikumspreis des Großen Kleinkunstfestivals, Prix Pantheon, Hamburger Comedypokal, Salzburger Stier, Bayrischer Kabarettpreis … und, und, und. 2013 veröffentlichte Tobias Mann sein erstes Buch Hilfe, die Googles kommen! Mein Leben als Digital Dummy - ein SPIEGEL-Bestseller. Von 2015 bis 2020 moderierte er zusammen mit Christoph Sieber die politische Late-Night-Sendung „Mann, Sieber!“ im ZDF. Seit 2022 moderiert er für 3sat und das Mainzer Unterhaus die TV-Ausstrahlung der Verleihung des Deutschen Kleinkunstpreises. Im Frühjahr 2024 startete er zusammen mit seinem Freund und Kabarettkollegen Philip Simon den Podcast „Grundlos Gute Laune“. Mit seinem achten Programm „REAL/FAKE“ ist er gerade erfolgreich auf Tour.
Transkript aus: Tobias Mann: Zwiebelsuppe statt Socialmedia
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