Eine innige Beziehung: Obdachlose berichten über die Liebe zu ihrem Hund
Norah Versteyl ist 15 und geht in die zehnte Klasse eines Gymnasiums. Bei der fiftyfifty-Hundehilfe Underdog hat sie ein Sozialpraktikum absolviert. Dort ist sie mit Obdachlosen, Verkäufer*innen dieses Magazins und Housing-First-Mieter*innen in Kontakt getreten, um sich die Lebensgeschichten von Menschen anzuhören, die Jahre lang auf der Straße waren. Einige O-Töne hat Norah aufgeschrieben und auch Fotos gemacht. „Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich unter die Oberfläche schauen durfte und nehme mit, dass man niemanden anhand von äußeren Umständen in Schubladen stecken sollte“ - so ihr Fazit am Ende des Praktikums.

Hey, ich bin Jenny und das ist mein Hund Theo. Ich hab Theo vor drei Jahren bekommen, als er drei Monate alt war. Zusammen mit Theo und zwei Katzen wohne ich in Duisburg in einer Ein-Zimmer Wohnung. Theo ist ein Allergikerhund und beispielsweise auf Rind, Getreide und Pollen anfällig. Bevor ich 2013 in meine Wohnung eingezogen bin, habe ich auch schon obdachlos gelebt. Theo fand ich durch eine Ebay-Anzeige. Da er als Welpe bereits schlechte Erfahrungen mit bestimmten Hunden oder auch Menschen gemacht hat, weiß ich nicht immer, wie er auf neue Kontakte reagiert. Deshalb habe ich einen Maulkorb dabei, obwohl der gesetzlich für Theo nicht vorgeschrieben ist. Da ich Bürgergeld empfange, ist das Underdog-Projekt eine wirklich tolle Möglichkeit für mich, meine Tiere medizinisch zu versorgen. Vor Theo hatte ich bereits andere Tiere, etwa eine Bulldogge. Auch mit ihr war ich schon bei dem Tierarzt-Mobil von fiftyfifty. Ich komme nun seit circa zehn Jahren hierher. Heute bin ich mit Theo hergekommen, da er eine neue Wurm- und Flohkur benötigt. Theo ist für mich mein Ein und Alles. Wenn es mir schlecht geht, muntert er mich auf.

Hallo, ich heiße Heiko und das ist mein Hund Keiko. Er ist ein Huski und mittlerweile 14 Jahre alt. Keiko habe ich vor vier Jahren von einem Bekannten bekommen, als er inhaftiert wurde. Erst sollte ich nur auf Keiko aufpassen, da die Haft sechs Monate dauern sollte. Daraus wurden dann zweieinhalb Jahre und Keiko ist bei mir geblieben. Allerdings hatte ich auch vorher schon Hunde. Keiko war auch vor meiner Übernahme schon bei Underdog. Ich war von Anfang an mit Keiko hier, um die Chance auf medizinische Versorgung zu nutzen. Heute bin ich mit ihm hier, um Medikamente gegen sein Humpeln zu bekommen. Zu meiner Person: Ich bin als Zeitungsverkäufer und Stadtführer bei fiftyfifty engagiert. 2008 habe ich mitgeholfen bei einer Dokumentation über Obdachlosigkeit und Housing First für den Sender VOX. Durch fiftyfifty habe ich es geschafft, wieder den richtigen Weg zu finden und von meiner Drogenabhängigkeit wegzukommen. Auch eine Wohnung habe ich durch Housing First seit 2017.
Mein Name ist Nicole und meine Jack Russel-Hündin heißt Grace. Sie ist vier Jahre alt und ich gehe mit ihr seit ca. einem Jahr zu Underdog. Ich habe Grace mit acht Monaten aus einer Privatzucht in Neuss geholt. Bei fiftyfifty bin ich als Zeitungsverkäuferin tätig. Das Underdog-Projekt ist ja nur für uns von fiftyfifty da. Ich habe davon im Fernsehen gehört. Ich habe bereits mein ganzes Leben Haustiere, und seit ich meinen ersten Hund mit neun Jahren bekommen habe möchte ich nie wieder ohne Tiere leben müssen. Sie geben mir Halt, Wärme, Liebe, Schutz … Ich möchte betonen, dass Underdog ein tolles Projekt ist. Besonders hervorzuheben sind die Tierärzte, die ohne Geld für uns tätig sind. Ohne Underdog wüsste ich nicht, was ich tun sollte, wenn Grace krank ist.

Ich bin der Boris und mein Hund heißt Dip. Er ist eineinhalb Jahre alt und bekommen habe ich ihn mit einem Jahr. Seitdem sind wir zusammen bei Underdog. Wir wohnen in einer Obdachlosen-Wohngruppe. Heute bin ich hier, weil ich Dip einen Impfausweis ausstellen lasse. Dip ist eine bunte Mischung aus Windhund, Dalmatiner und Jack Russel. Gefunden habe ich ihn in einem Tierheim im Sauerland. Wir haben eine besondere Beziehung zueinander, da mir der Hund aus früheren Drogen- und Alkoholgeschichten rausgeholfen hat. Er gab mir den Grund, aus meiner dunklen Lage wieder ins Licht zu treten, nachdem ich eine Zeit im Krankenhaus verbringen musste. Obdachlos waren wir sechs Monate lang. Es war mir wichtig, dass egal, wo ich unterkomme, mein Hund mitkommen darf. Denn wir haben eine wirklich enge Bindung zueinander, da ich unter einer speziellen Nervenkrankheit leide. Dip hilft mir in jeder Lebenslage.

Guten Tag, mein Name ist Miriam und meine Hündin heißt Susi, auch genannt Prinzessin Schweißfuß. Ich habe sie mit sechs Monaten bekommen und mittlerweile ist sie 12 Jahre alt. Beim Underdog-Projekt war ich schon mit vielen Hunden, unter anderem mit Labradoren und einem Schäferhund. Dazu kommt, dass ich Projekte wie den Verkauf der fiftyfifty-Zeitschriften in Anspruch nehme. Seit sieben Jahren wohnen wir zusammen in einer Wohngemeinschaft in Duisburg. Auf dieses Projekt hat uns eine Freundin hingewiesen. Ich hatte schon immer Hunde, weshalb ich weiß, was für eine innige Beziehung zwischen Mensch und Tier entstehen kann. Meine Hündin ist meine beste Freundin, und wir sind immer für einander da. Heute bin ich hier, damit Susi die Analdrüsen ausgedrückt bekommt und ihre Krallen geschnitten werden. Dazu kommt, dass sie sich ungewöhnlich oft kratzt. Wer einen Hund hat, kennt das ja.

Hallo, mein Name ist Gisa und mein Hund ist Balu. Er ist ein 13 Jahre alter Labrador und wir gehören seit zwei Jahren zusammen. Bekommen habe ich ihn durch meine Tochter. Vorher hatte ich schon einen Münsterländer und einen Jack Russel. Ich gehe seit Beginn des Projekts zu Underdog und bin auch sonst sehr eng an fiftyfifty gebunden, da ich Zeitschriften verkaufe und Stadtführungen leite. Dazu kommt, dass ich seit circa einem Jahr bei Housing First wohne. Tatsächlich war ich vor einziger Zeit wegen gehäuftem Schwarzfahren ein paar Monate in Haft. Ursprünglich waren es sechs Monate, die dann auf vier verkürzt wurden. Nicht lange nach meinem Fall kam es dazu, dass schwarzfahren kein Grund mehr ist, inhaftiert zu werden, also, in Düsseldorf. Ich habe mit meinem Beispiel und meinen Interviews den Medien gegenüber dazu beigetragen. Darauf bin ich stolz. Balu war bei Bekannten in der Zeit meiner Haft. Obdachlos war ich über acht Jahre lang - zusammen mit meinem damaligen Hund. In dieser Zeit ist viel Schlimmes passiert, wie beispielsweise, dass ich angezündet wurde. Was wohl ein jugendlicher Streich sein sollte, führte für mich zu Verbrennungen, die ich heute noch trage. Heute bin ich hier, damit Balu eine Spritze bekommt. Diese unterdrückt Schmerzen in der Hüfte.
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