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Wohnen darf keine Ware sein! – Interview mit dem Düsseldorfer Bündnis für bezahlbaren Wohnraum - Straßenmagazin - Magazin - fiftyfifty
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Foto: Robin Bitter

Wohnen darf keine Ware sein! – Interview mit dem Düsseldorfer Bündnis für bezahlbaren Wohnraum

Guten Tag Johannes. Das Düsseldorfer Bündnis für bezahlbaren Wohnraum, dessen Sprecher Du bist, hat jüngst mit seinen Aktionen im Stadtteil Golzheim viel Aufsehen erregt. Kannst Du kurz zusammenfassen, worum es da ging?

Seit Jahren machen wir gemeinsam mit betroffenen Mieter:innen auf Entmietungsfälle aufmerksam. In dem gutbürgerlichen Stadtteil Düsseldorf Golzheim haben sich nun Mieter:innen aus 19 Häusern zusammengeschlossen, die alle eines gemeinsam haben: Ihre Vermieter wollen sie zum Auszug drängen. Die Fälle wurden bislang von Politik und Verwaltung häufig als bedauerliche Einzelfälle verharmlost. Um deutlich zu machen, dass Entmietungen flächendeckend in ganz Düsseldorf und darüber hinaus stattfinden, haben die Mieter:innen zum Stadtteilspaziergang eingeladen. Der Spaziergang wurde zu einer Demonstration mit über 300 Teilnehmenden - überwiegend Mieter:innen aus dem Stadtteil, die häufig zum ersten Mal in ihrem Leben an einer Demonstration teilgenommen und diese mit unserer Unterstützung auch selbst organisiert haben. Das ist für Düsseldorf etwas absolut Neues, das ich so noch nicht erlebt habe. Während der Demonstration haben Aktivist:innen eine leerstehende Wohnung symbolisch wiederbezogen und unter lautem Beifall der Demonstrationsteilnehmer:innen Protestbanner entrollt. Die Wohnung befindet sich in einem Haus, in dem der Vermieter es innerhalb weniger Monate geschafft hat, die Mehrheit der Bewohner:innen aus dem Haus zu vertreiben. Die verbliebenen Mieter:innen, darunter gehbehinderte ältere Personen, sollen durch die Abschaltung der Aufzüge zum Auszug genötigt werden. Die Forderung der Aktivist:innen war es, mit Oberbürgermeister Keller über die Problematik in dem Haus und in Golzheim insgesamt zu sprechen.

 

OB Keller zeigte sich betroffen und versprach, prüfen zu lassen, mit welchen Instrumenten die Mieter besser geschützt werden können. Hat sich denn mittlerweile konkret etwas getan?

Wir haben nicht nur in Düsseldorf, sondern landesweit das Problem, dass die Verdrängung von Mieter:innen durch Entmietungen in Bestandswohnungen nicht wirklich ernst genommen wird. Auf Landesebene ist es die Bauministerin, die das Problem komplett ignoriert und leugnet. Auf kommunaler Ebene ist es der Oberbürgermeister, der zum Thema bezahlbaren Wohnens bisher lediglich ein Wohnbauprogramm initiiert hat, das vor allem ein Konjunkturprogamm für Investoren ist und lediglich für Haushalte mit mittleren Einkommen gilt. Mieter:innen im Wohnungsbestand gehen dabei leer aus. Nun hatte sich der Protest in Golzheim zu solchen Dimensionen ausgewachsen, dass auch das Stadtoberhaupt sie nicht mehr ignorieren konnte und die von „Entmietung“ bedrohten Mieter:innen aus dem Stadtteil zu einem Gespräch ins Rathaus einlud. Etwas Konkretes und Messbares ist dabei noch nicht herausgekommen. Zumindest aber wurde das Problem nun erkannt und auch von OB Keller benannt.

 

Entmietung“ nennt sich die Methode, Mietshäuser aufzukaufen, zu modernisieren, in Eigentumswohnungen umzuwandeln und dann mit großem Profit zu verkaufen. Dazu müssen die oft langjährigen Mieter*innen verdrängt werden. Wie sehen gängige Methoden dazu aus?

Zum Verkauf stehende Häuser werden in der Regel an den Höchstbietenden verkauft; oft an Vermieter, die ihren Investoren oder Banken hohe Renditen versprochen haben und deswegen unter großen Druck stehen, diese Renditen auch zu erwirtschaften. Entsprechend kreativ und oft auch aggressiv sind die Methoden, um Mieter:innen aus ihren Wohnungen zu verdrängen. Da werden unsachgemäße Baumaßnahmen durchgeführt, obwohl Mieter:innen noch im Haus leben, Keller werden aufgebrochen, fadenscheinige Kündigungen ausgesprochen, Nebenkosten künstlich in die Höhe getrieben, Fahrstühle in Häusern mit vielen Senioren abgestellt oder gleich mit Abriss des Hauses gedroht. Die Maßnahmen befinden sich irgendwo zwischen Mobbing und echten strafbaren Handlungen, die jedoch meist schwer nachzuweisen sind.

 

4400 Menschen sind in Düsseldorf aktuell ohne eigene Wohnung. Andererseits stehen - zum erheblichen Teil spekulativ bedingt - über 20.000 Wohnungen leer. In Artikel 14 des Grundgesetzes heißt es: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“ Dafür ist im Extremfall auch Enteignung vorgesehen, wie sie mancherorts bereits gefordert wird. Wie steht ihr dazu?

Wir finden Enteignungen durchaus sinnvoll. Natürlich muss man da noch einmal ins Kleingedruckte sehen. Denn Enteignungen nach dem Grundgesetz erfolgen nicht ohne Entschädigung. Über die Höhe der Entschädigungen muss dann verhandelt werden. Wir schlagen den Verkehrswert einer Immobilie oder eines Grundstücks vor und nicht den Spekulationswert, den viele Investoren beim Kauf bezahlt haben. Für Enteignungen gibt es allerdings recht hohe rechtliche Hürden. Doch schon jetzt könnte man die sogenannte Zweckentfremdungssatzung gegen Leerstand nutzen. Diese gibt es in vielen Kommunen - auch in Düsseldorf. Doch sie wird nicht rigoros angewendet.

 

Es gibt ein Grundrecht auf Wohnen – ein Recht auf Rendite gibt es nicht!“, heißt es in eurem Grundsatzpapier. Welche Maßnahmen der Politik haltet ihr aktuell für dringend erforderlich, um eine am Gemeinwohl orientierte Wohnungspolitik durchzusetzen?

Gut wäre zunächst, wenn die bestehenden gesetzlichen Möglichkeiten überhaupt genutzt würden. Wenn die NRW-Bauministerin Scharrenbach den Kommunen erlauben würde, gegen das Umwandeln von Miet- in Eigentumswohnungen vorzugehen, könnte ein wichtiges spekulatives Geschäftsmodell unterbunden werden. Sie möchte das aber einfach nicht, sie sagt, das sei in NRW kein Problem. Wenn die Zweckentfremdungssatzung wirklich rigoros im Sinne der Mieter:innen angewandt und nicht jede Ausrede des Eigentümers hingenommen würde, wäre uns ebenfalls schon geholfen. Aber ja, das sind letztlich alles nur kosmetische Behandlungen des Problems. Ganz grundsätzlich bräuchten wir eine Abkehr vom privaten Wohnungssektor hin zur Wohngemeinnützigkeit. Da ist der Bund gefragt. Zwar wurde von der Ampelregierung der Begriff Wohngemeinnützigkeit wieder ins Leben gerufen. Doch ohne Geld und echte steuerliche Vorteile wird es keine gemeinnützigen Wohnungen geben. Ohne die Eigentumsfrage kommen wir hier nicht weiter. Kommunen und das Land müssen sich wieder Wohnraum und Grundstücke aneigenen. Das kann durch Vorkaufsrechte, Enteignungen oder das Bebauen von Grundstücken geschehen, die bereits in öffentlicher Hand sind. So etwas geht nicht von heute auf morgen. Aber die Politik könnte die Weichen dafür stellen. Dass dies real auch umgesetzt werden kann, zeigt ein Blick nach Wien, wo 60 % der Bevölkerung in städtischen oder genossenschaftlichen Wohnungen leben, die bezahlbar und sicher sind. Und weil die Stadt Wien einen großen Teil des Grundstücks- und Wohnungssektors kontrolliert, werden die Preissteigerungen auch auf dem freien Markt gedämpft, weil der spekulative Erwartungshorizont von Investoren dadurch deutlich geringer ist.

Johannes, ganz herzlichen Dank für das Gespräch!

(Das Interview führte Hans Peter Heinrich)

Johannes Dörrenbächer, Bachelor Soziale Arbeit, fiftyfifty-Sozialberater, Housing First, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Sprecher „Bündnis für bezahlbaren Wohnraum“. Foto: Markus Altena


Selbstauskunft: Wer wir sind, was wir machen:

Das „Bündnis für bezahlbaren Wohnraum“ ist ein parteiunabhängiger Zusammenschluss verschiedener Initiativen, Organisationen und Einzelpersonen.Wir vernetzen Betroffene und wirken so der Vereinzelung entgegen. / Wir wollen mit außerparlamentarischem Druck die lokale Politik dazu bewegen, sich für mehr bezahlbaren und sicheren Wohnraum in der Stadt einzusetzen. / Mit exemplarischen Aktionen versuchen wir, Missstände auf dem Wohnungsmarkt öffentlich zu machen. / Wir unterstützen und ermutigen betroffene Mieter*innen, selbst für ihre Interessen einzutreten. / Wir entwickeln Vorschläge für eine dauerhafte Lösung der Wohnungsfrage und wir stellen die grundsätzliche Frage: „In welcher Stadt wollen wir leben?“ / Wir laden alle wohnungspolitisch Interessierten zum Mitmachen ein!

Weitere Infos / Kontakt: https://bezahlbarer-wohnraum-duesseldorf.de/