Make America poor again - Was die Trump-Regierung für obdachlose Amerikaner bedeutet
Eine Abkehr von Housing-First-Lösungen gegen Obdachlosigkeit. Weitere Kriminalisierung des Schlafens im Freien. Kürzungen bei Wohnprogrammen. Dies sind einige der Veränderungen, die Obdachlose fürchten, wenn Präsident Donald Trump, unterstützt von einem republikanisch dominierten Kongress, weiter im Weißen Haus wütet.
Während seiner ersten Amtszeit ernannte Donald Trump Beamte, die Housing-First-Ansätze gegen Obdachlosigkeit ablehnten und Programme für alle einkommensschwachen Amerikaner kürzten. Neuere Kommentare und politische Vorschläge aus dem Projekt 2025 deuten darauf hin, dass die Veränderungen dieses Mal noch drastischer ausfallen könnten. Basierend auf öffentlich zugänglichen Stellungnahmen und früheren politischen Entscheidungen skizziert Street Sense, wie Trumps Regierung ihren Umgang mit Obdachlosigkeit in den nächsten vier Jahren ändern könnte und welche Auswirkungen dieser Wandel auf die Einwohner Washingtons und andere Amerikaner haben wird.
Trumps frühere Äußerungen zum Thema Obdachlosigkeit konzentrierten sich auf Zeltlager. Er kritisierte oft die Sichtbarkeit von Straßenobdachlosigkeit und forderte die Verlegung von Zeltlagern außerhalb der Städte. In seinem jüngsten Präsidentschaftswahlkampf thematisierte er wiederholt Obdachlosigkeit und machte Bürgermeister demokratisch kontrollierter Städte dafür verantwortlich. In einer Rede auf dem „America First“ Gipfel 2022 griff er insbesondere Washington D.C. wegen seiner sichtbaren Zeltlager an und sagte, sie würden bei ausländischen Staats- und Regierungschefs, die die Stadt besuchen, einen „schlechten Eindruck“ hinterlassen. Auf dieser Konferenz schlug er vor, „große, preiswerte Grundstücke in den Außenbezirken der Städte“ für den Bau semi-permanenter Zeltstädte zu nutzen und sie zur Zwangsumsiedlung Obdachloser zu nutzen. In einem Video aus dem Jahr 2023 sagt er explizit, er werde „Camping in der Stadt verbieten“ und Menschen unter Androhung von Verhaftung zwingen, in ausgewiesene Zeltstädte zu ziehen.
Jesse Rabinowitz vom National Homelessness Law Center sieht Trumps Vorschlag bezüglich der Errichtung von Zeltstädten äußerst kritisch: „Wir haben gesehen, was passiert, wenn wir Menschen zusammentreiben und in Lager zwingen“, sagte er. „Es ist nie eine gute Idee. Es ist nie in Ordnung, so etwas zu tun. Leider scheint sich diese Regierung nicht darum zu kümmern, das Problem der Obdachlosigkeit tatsächlich zu lösen. Vielmehr marginalisiert sie weiterhin Menschen, die bereits vom Pech verfolgt sind.“ Donald Whitehead, Geschäftsführer der National Coalition for the Homeless, befürchtet, dass Trumps Pläne die Kriminalisierung von Obdachlosigkeit weiter fördern werden, die durch die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs im Fall Johnson vs. Grants Pass aus dem Jahr 2024 eine Rechtsgrundlage hat. Das Urteil ermöglicht es lokalen Regierungen, Gesetze zu erlassen, die das Übernachten im Freien unter dem Schutz eines Zeltes oder einer Decke verbieten. „Wir haben bereits erlebt, wie ein Zweig der Regierung auf eine Weise handelt, die Obdachlose entmenschlicht und gleichzeitig kriminalisiert – wir haben eine rasante Zunahme solcher Verordnungen im ganzen Land erlebt“, sagte Whitehead. Seit der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs haben über 100 Städte im ganzen Land Camping verboten. „Wenn es nach dem Präsidenten ginge, würde dieser Trend zur Kriminalisierung um das Tausendfache beschleunigt“, fügte Whitehead hinzu.
Die offiziell für die Beendigung der Obdachlosigkeit zuständige Bundesbehörde ist der US Interagency Council on Homelessness (ICH). Zum Leiter der Behörde hat Trump in seiner letzten Amtszeit Robert Marbut ernannt. Marbut bezeichnet Obdachlosigkeit öffentlich als ein persönliches Problem und bezweifelt, dass die beste Hilfe für Obdachlose darin bestehe, ihnen eine Unterkunft zu bieten. In einem Interview behauptete er, dass 93 Prozent aller Gelder, die Obdachlosen gegeben werden, „in Alkohol, Drogen und Prostitution“ fließen würden. Auf Belege für seine Behauptung angesprochen, sagte er: „Wir haben viel recherchiert“, konnte jedoch keine konkreten Informationen liefern. Neutrale Untersuchungen haben ergeben, dass Menschen, die betteln, den Großteil ihres Einkommens für Lebensmittel ausgeben. Bevor er Direktor des US-amerikanischen ICH wurde, war Marbut als „Obdachlosenberater“ für Städte im ganzen Land tätig. Dort setzte er sich für einen „Housing-vierten“-Ansatz ein, eine Strategie, die auf der Überzeugung basiert, dass Obdachlosigkeit ein persönliches Versagen und kein systemisches Problem ist, das mit dem Mangel an bezahlbarem Wohnraum zusammenhängt. In den letzten Jahrzehnten war „Housing-First“ der Kern der Maßnahmen gegen chronische Obdachlosigkeit. Das Programm basiert auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und hat laut Whitehead eine Wirksamkeitsrate von 90 %. Dieses Mal haben Trump und sein Team ihre Angriffe auf „Housing-First“ verstärkt. Die Schuld an dem jüngsten Anstieg der Obdachlosigkeit um 18 % im ganzen Land auf die „Housing-First“-Politik zu schieben, lenkt vom eigentlichen politischen Versagen ab, argumentierte Rabinowitz: dem landesweiten Mangel an bezahlbarem Wohnraum. „Der Grund für die zunehmende Obdachlosigkeit liegt nicht darin, dass Housing First nicht funktioniert. Es liegt daran, dass die gewählten Amtsträger ihre Aufgabe, ausreichend Wohnraum für alle sicherzustellen, nicht erfüllt haben (...) Jetzt versuchen sie, die Verantwortung auf ein Programm abzuwälzen, das sich landesweit bewährt hat.“ Rabinowitz und Whitehead befürchten, dass Trump erneut jemanden wie Marbut nominieren könnte, der bereit wäre, eine Politik voranzutreiben, die sie für ineffektiv und „grausam“ halten.
Für seine zweite Amtszeit hat Trump Scott Turner, einen texanischen Abgeordneten und ehemaligen NFL-Spieler als Sekretär des Ministeriums für Wohnungsbau und Stadtentwicklung (HUD) nominiert. Ein Bericht des Non-Profit-Newsdesks ProPublica ergab, dass Turner während seiner Zeit im texanischen Parlament wiederholt gegen Gesetzesentwürfe zur Unterstützung von Wohnbeihilfeprogrammen gestimmt hat, darunter zwei Gesetzesentwürfe zur Untersuchung der Ursachen von Obdachlosigkeit bei jungen Menschen und Veteranen. Er unterstützte außerdem einen Gesetzesentwurf, der es Vermietern erlauben würde, Mietern, die staatliche Wohnbeihilfe beziehen, die Vermietung zu verweigern, eine Diskriminierung aufgrund der Einkommensquelle, die Obdachlosen die Wohnungssuche erheblich erschwert. Sowohl Rabinowitz als auch Whiteheads nationale Interessenvertretungen fordern die Senatoren auf, aufgrund von Turners bisheriger Erfolgsbilanz mit „Nein“ zu stimmen. Es ist das erste Mal, dass die Organisationen gegen einen HUD-Kandidaten Stellung bezogen haben. Rabinowitz sagte dazu, er fühlte sich „gedrängt“, Stellung zu Turner zu beziehen, da „Mythen und Fehlinformationen über Obdachlose“ derzeit von einigen der engsten Berater verbreitet würden. Andere politische Dokumente der kommenden Regierung, wie beispielsweise das Projekt 2025, das von der konservativen Denkfabrik Heritage Foundation entwickelt wurde, lehnen die Housing-First-Politik ausdrücklich ab. Bereits an Trumps erstem Amtstag spiegelten fast zwei Drittel der von ihm unterzeichneten Executive Orders die politischen Empfehlungen von Projekt 2025 wider. Im Abschnitt über HUD beschreibt Projekt 2025 Housing First als eine „linksradikale Idee, die auf der Überzeugung basiere, dass Obdachlosigkeit in erster Linie situations- und nicht verhaltensbedingt ist“. Es wird argumentiert, die Bundesregierung solle sich stattdessen auf Programme konzentrieren, die „Übergangswohnungen bereitstellen und sich auf die Bekämpfung der Probleme konzentrieren, die Obdachlosigkeit überhaupt erst verursachen.“

Eines der zahlreichen Zeltlager, die seit Anfang März auf Anweisung Trumps geschlossen werden. Foto: INSP.ngo / Street Sense
„Housing First“ kann nur dann als linksradikale Position betrachtet werden, wenn man der Auffassung ist, dass die Regierung George Bushs eine linksradikale Regierung war, denn Housing First war zu Beginn eine republikanische Politik“, sagte Rabinowitz und merkte an, dass Texas, ein republikanischer Bundesstaat, 2024 den zweitgrößten Rückgang der Obdachlosigkeit verzeichnete, weil dort ein Housing-First-Ansatz, auch bekannt als „Housing plus Services“, verfolgt wurde. Im Gegensatz dazu argumentiert Rabinowitz, dass die Art von Übergangswohnprogrammen, die in der Regel verlangen, dass sich die Menschen zunächst mit Drogen- oder psychischen Problemen auseinandersetzen oder eine Arbeit finden müssen, bevor ihnen Wohndienstleistungen angeboten werden, ineffektiv sind: „Übergangswohnen … ist aus der Mode gekommen, weil es unglaublich teuer war und den Menschen nicht wirklich dauerhaften Wohnraum vermittelte.“
Eine Möglichkeit, Obdachlosigkeit zu verhindern, besteht darin, die Wohnkosten zu senken und so Wohnraum für einkommensschwache Amerikaner erschwinglicher zu machen. Während Turners Nominierungsanhörung betonten Senatoren beider Parteien die Notwendigkeit, landesweit mehr Wohnraum zu schaffen. In DC könnte eine Möglichkeit, mehr Wohnraum – insbesondere bezahlbaren – zu schaffen, darin bestehen, die Bauvorschriften zu ändern, um dichtere und höhere Gebäude zu ermöglichen. Im Gegensatz zu anderen Städten im ganzen Land verfügt DC jedoch nicht über die vollständige Autonomie bei der Entscheidung über seine Bauvorschriften und Bauordnungen, was den Wohnungsbau behindert. Trump hat erklärt, er wolle die Krise des bezahlbaren Wohnraums lösen, doch mit einem republikanisch dominierten Kongress könnte die lokale Autonomie von DC gefährdet sein. Senator Mike Lee (Republikaner, Utah) hat bereits 2023 einen Gesetzentwurf zur Aufhebung der Home Rule in Washington D.C. eingebracht. Mit der neuen Legislaturperiode könnte dieser Gesetzentwurf nun beide Häuser passieren. „Ich hoffe unter anderem, den Federal Height Act durch einen lokalen Height Act zu ersetzen, der die Ansichten und Anliegen der Bevölkerung von Washington D.C. durch ihren gewählten Stadtrat berücksichtigt“, sagte Jain. Das Gesetz begrenzt die Höhe der Gebäude im District und macht den Bau von Wohnhochhäusern, die dringend benötigten Wohnraum bieten könnten, unmöglich. Trump behauptete unterdessen, sein Plan zur Massenabschiebung von Menschen und Familien ohne Aufenthaltspapiere würde die Wohnkosten senken. Er argumentierte, dass Haushalte ohne Aufenthaltspapiere das Wohnungsangebot belasten und die Preise in die Höhe treiben, wodurch bezahlbarer Wohnraum für US-Bürger weniger zugänglich sei. Die Daten zum Haushaltswachstum im ganzen Land und im District zeigen jedoch, dass Massenabschiebungen die Immobilienpreise nicht senken würden, so Riordan Frost, leitender Forschungsanalyst am Joint Center for Housing Studies der Harvard University. Laut Frost machten Einwanderer, die in den letzten zehn Jahren eingewandert sind, im Jahr 2023 lediglich 9 % aller Mieter im Großraum Washington D.C. aus. „Es kommen definitiv viele Einwanderer … aber auf Haushaltsebene betrachtet, stellen sie bei weitem nicht die Mehrheit dar, weder unter den Mietern noch unter den Hausbesitzern.“
Tatsächlich machen Einwanderer, die in den letzten zehn Jahren eingewandert sind, laut Frost nur 4,6 % aller Haushalte im Großraum Washington D.C. aus. Massenabschiebungen dürften keinen nennenswerten Einfluss auf das Wohnungsangebot haben, so Frost, zumal viele Einwanderer einen legalen Aufenthaltsstatus haben und somit nicht abgeschoben werden können. Frost merkte außerdem an, dass Einwanderung oft die Wohnkosten senkt, da viele Einwanderer im Baugewerbe arbeiten. Massenabschiebungen könnten die Zahl der verfügbaren Arbeitskräfte für den Wohnungsbau einschränken und den Wohnungsbau verteuern. „Das gilt insbesondere für bestimmte Teile des Landes, und Washington D.C. ist einer dieser Teile“, sagte Frost.
Trumps einwanderungsfeindliche Haltung stellt auch eine direkte Herausforderung für obdachlose Menschen dar, die Asylsuchende, Einwanderer ohne Aufenthaltspapiere oder einen anderen befristeten Aufenthaltsstatus haben. Seit seinem Amtsantritt hat Trump eine Reihe von Durchführungsverordnungen erlassen, die darauf abzielen, die Einwanderung zu reduzieren und Einwanderer abzuschieben, insbesondere die Verordnung „Schutz des amerikanischen Volkes vor Invasion“. Diese Verordnung erweitert die Anwendung der „beschleunigten Abschiebung“ und setzt Maßnahmen um, um sicherzustellen, dass Menschen ohne Aufenthaltsstatus oder sogar mit anstehender Aufenthaltserlaubnis die Arbeitserlaubnis verweigert wird. Die Verordnung war eine Reaktion auch darauf, dass Zufluchtsstädte wie Washington D.C. versucht haben, Städten, die nicht mit Bundesbehörden kooperieren oder ihnen Informationen über den Einwanderungsstatus ihrer Bürger zur Verfügung stellen, die Bundesmittel zu streichen. Washington D.C. ist laut einem Stadtratsbeschluss von 2020 eine Zufluchtsstadt. Auf die Frage, ob das Department of Human Services (Ministerium für Soziale Dienste) Informationen zum Einwanderungsstatus sammeln oder diese an Bundesbehörden weitergeben werde, antwortete ein Sprecher des Bürgermeisterbüros von DC nicht direkt und schrieb: „DC ist und bleibt eine stolze, integrative Stadt. Wir werden auf solche Probleme klug und strategisch reagieren. Aber eines ist sicher: Unsere Werte haben sich nicht geändert, und unser Engagement für deren Verteidigung hat sich nicht geändert.“

Demonstration gegen Trumps sozialen Kahlschlag. Foto: Gayatri Malhotra / Unsplash
Trump hat außerdem die von der Biden-Regierung erlassenen Richtlinien der Einwanderungs- und Zollbehörde (ICE) zurückgenommen, die die ICE daran hinderten, Einwanderungsrazzien an „sensiblen Orten“ wie Kirchen und Schulen durchzuführen. Whitehead befürchtet, dass sich diese Art der Durchsetzung auf Unterkünfte oder Essensprogramme in religiösen Einrichtungen auswirken könnte. Deepa Bijpuria, Leiterin des Rechtsberatungsprojekts für Einwandererrechte bei Legal Aid DC, sagte, dass Obdachlose einem viel höheren Risiko von Inhaftierung und Abschiebung ausgesetzt seien, da es für sie schwierig sein könne, Zugang zu Rechtsberatung zu erhalten, die einen gewissen Schutz bieten könnte. „Ich denke, eine der größten Auswirkungen wird darin bestehen, sicherzustellen, dass die Menschen ordnungsgemäß überprüft werden, damit sie Einwanderungsschutz beantragen können, da sie sonst dem größten Risiko einer sofortigen Inhaftierung und Abschiebung ausgesetzt sind“, sagte Bijpuria. „Die Menschen wissen nicht, worauf sie Anspruch haben, und ich denke, obdachlose Menschen werden es vor allem schwerer haben, kostenlose Rechtsberatung zu finden.“ Der Zeitplan der Regierung für die Umsetzung vieler ihrer vorgeschlagenen politischen Änderungen ist noch unklar, obwohl Trump weiterhin täglich mehrere Durchführungsverordnungen erlässt. Unabhängig davon, wie schnell Trump und die Republikaner im Kongress Maßnahmen zur Kürzung von Sozialhilfeprogrammen oder zur Beendigung von Housing-First-Ansätzen durchsetzen, bleiben die Befürworter entschlossen, gewählte Amtsträger beider Parteien zur Verantwortung zu ziehen. „Menschen in Internierungslager zu zwingen, ist keine akzeptable Lösung, weder von der Trump-Administration noch von der Newsom-Administration in Kalifornien“, sagte Rabinowitz. „Die Lösung sind nicht Internierungslager. Die Lösung sind gewählte Amtsträger auf Stadt-, Staats- und Bundesebene, die ihre Arbeit tun und dafür sorgen, dass alle einen sicheren Ort zum Leben haben.“
Mit freundlicher Genehmigung von Street Sense / INSP.ngo/ Aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt von Hans Peter Heinrich