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Housing first ist bei fiftyfifty first

Hörman hat nun aber doch eine Wohnung. Gekauft von fiftyfifty aus Erlösen einer Bilderspende des berühmten Modefotografen Peter Lindbergh und durch Spenden. Hörman ist endlich weg von der Straße. So viel Glück wie er haben die wenigsten Wohnungslosen. Sozialforscher nennen das Phänomen der immer wieder kehrenden Obdachlosigkeit „Drehtüreffekt“: rein in die Notwohnung und wieder raus – zumeist erneut auf die Straße. Warum eigentlich, diese Frage drängt sich geradezu auf, werden Wohnungslose nicht dauerhaft von der Platte geholt, wie etwa in Wien, wo der Anteil an Sozialwohnungen über 40 Prozent beträgt, also öffentlich geförderter Wohnraum ausreichend vorhanden ist. ImVergleich: In deutschen Großstädten liegt die Quote oft nicht einmal bei 5 Prozent. Tendenz sinkend, weil in den letzten Jahren massenhaft preiswerter Wohnraum an Konzerne und Heuschrecken verscherbelt wurde. Warum also werden wohnungslose Menschen nicht dauerhaft sesshaft gemacht? Warum gibt es nicht einmal eine offizielle Statistik der Bundesregierung, die ihre Anzahl ermittelt? Es wird doch sonst immer alles erhoben, in diesem Land. Da drängt sich doch der Eindruck auf: Was nicht gezählt wird, zählt auch nicht. Dafür profitieren die Träger von Einrichtungen für Wohnungslose im deutschen Hilfesystem umso mehr. Denn dieses System zielt darauf ab, Menschen über mehrere Stufen „wohnfähig“ zu machen, zum finanziellen Nutzen derjenigen, die diese Hilfen – oft mit besten Absichten - anbieten. Doch was nutzt ein solches Stufenmodell von der Notschlafstelle über das „Trainingswohnen“, wenn am Ende der Markt keinen Wohnraum für Bedürftige zur Verfügung stellt? Und überhaupt: Wie soll eine menschenwürdige Versorgung mit Wohnraum funktionieren, wenn man sie dem Markt überlässt? Und was für ein zynischer Ansatz ist es, Menschen die Fähigkeit zum Wohnen anzudressieren? Schließlich, wie sollten behelfsmäßige, oft schäbige Übergangsbehausungen dazu dienlich sein, so etwas zu vermitteln? Als ob das Wohnen ein Lernprozess sei und nicht in erster Linie ein Menschenrecht.

Was also tun? In dieser Frage können wir erneut von der österreichischen Hauptstadt lernen. Hier wird mit Erfolg ein Modell praktiziert, das ursprünglich aus den USA stammt: Housing First. Das bedeutet, zuerst einmal bekommt ein Mensch eine Wohnung. Eine richtige, normale Wohnung. Keine Bleibe oder Notunterkunft. Eine Wohnung mit ganz normalem Mietvertrag. Nicht befristet, sondern für immer. Und dann erst werden alle anderen Probleme wie etwa Schulden, Sucht, Arbeitslosigkeit etc. in Angriff genommen. Aber nur, wenn dies auch gewünscht wird, was meistens der Fall ist. Weil wohnbegleitende Hilfen bei Housing First konzeptionell von Akzeptanz, dem Recht auf Selbstbestimmung, Respekt und Verlässlichkeit geprägt sind.

Dort, wo Housing First praktiziert wird, sind die Erfolge überwältigend. Nach fünf Jahren leben noch über 90 Prozent in den ihnen vermittelten Wohnungen. Housing First ist nicht nur menschenwürdig, sondern auch preiswerter. Dazu nur zwei Zahlen. Erstens: Zwei Jahre stationäres betreutes Wohnen kostet die Steuerzahler in jedem einzelnen „Fall“ etwa 60.000 Euro. Mit dem Ergebnis, dass danach zumeist wieder ein Leben auf der Straße folgt – mit allen negativen (Kosten verursachenden) Begleiterscheinungen wie Verschärfung von Sucht, Verelendung, Kriminalisierung und gesundheitlicher Ruin. Zweitens: Die Anschaffung des Appartements für Hörman hat 67.000 Euro gekostet. Hörman hat im Laufe von etwa 20 Jahren immer wiederkehrender Wohnungslosigkeit 5 Mal stationär-betreutes Wohnen erhalten. Mit dem Ergebnis, dass er am Ende dennoch auf der Straße war.

fiftyfifty praktiziert seit fast zwei Jahren Housing First. Wir haben zwei Häuser gekauft – für Menschen ohne Chancen auf dem herkömmlichen Wohnungsmarkt. In dem einen leben 12 ehemals Wohnungslose, das andere wird gerade für 8 Menschen hergerichtet. Außerdem haben wir für 14 weitere Menschen diverse Appartements und Wohnungen erworben (drei weitere Wohnungen für 7 Personen hatten wir vorher schon) - in ganz normalen Häusern, in denen niemand weiß, dass unsere MieterInnen einmal wohnungslos waren. So funktioniert Schutz vor Diskriminierung. Unser Ziel ist es, weitere Appartements für unsere Leute zu kaufen. Und eine bessere Betreuung bei Aufstockung unserer Sozialarbeit von derzeit vier auf dann sechs Zweidrittel-Stellen – für Streetwork, Sozialberatung, Underdog … und eben auch Housing First. Wir haben auch ein zusätzliches Büro angemietet und haben einen Möbeltransporter angeschafft. All das kostet. Am meisten Geld wird jedoch für weitere Appartements benötigt. Hörman hat schon eines. Doch viele, viele warten noch. Bitte spenden Sie für Housing First auf unser Konto: asphalt e.V./fiftyfifty, Postbank Essen, IBAN: DE35 3601 0043 0539 6614 31.